2 Kleines Keimrätsel
Was denken Sie über Keime? Hier sind einige Erkenntnisse aus medizi- nischen, wissenschaftlichen und veröffentlichten Studien, die mein Den- ken stark verändert haben. Welche der beiden Alternativen passt in Ihr Weltbild?
1) Milchsäurebakterien, zum Beispiel Streptokokken, wandern in einen Fibroblasten, eine menschliche Zelle, die unser Bindegewebe auf- und abbaut, ein, werden also zu sogenannten intrazellulären Erregern. Was, denken Sie, wird passieren?
a) Die Erreger haben sich so vor dem Immunsystem in Sicherheit gebracht, können auch von Antibiotika nicht mehr erreicht werden und schädigen die Zelle von innen.
b) Der Fibroblast verwandelt sich daraufhin in eine Stammzelle, unsere vielleicht wertvollste Zelle, die sich in zahlreiche andere Gewebezellen weiterentwickeln und so unseren Körper regenerieren kann.
2) Mäuse werden so behandelt, dass sie eine autoimmune Gehirnentzündung entwickeln, die unserer Multiplen Sklerose stark ähnelt. Was passiert, wenn die Mäuse gleichzeitig mit dem gefürchteten „Krankenhauskeim“ Staphylococcus aureus infiziert sind?
a) Die Mäuse mit Staphylococcus aureus entwickeln eine Superinfektion, die die Symptome der Multiplen Sklerose ver- stärkt, den Krankheitsverlauf beschleunigt und neben den neurologischen Symptomen auch zu schweren Entzündungen der Atemwege führt.
b) Die Mäuse mit Staphylococcus aureus sind vor der Entzündung im Gehirn geschützt, sie entwickeln keinerlei neurologische Symptome und bleiben gesund.
3) Aspergillus flavus ist ein Schimmelpilz, der in Wohnungen, aber auch im Essen häufig zu finden ist. Er gibt gefährliche Gifte, unter anderem Aflatoxine, ab. Eine sogenannte Aspergillose in der Lunge kann gerade wegen dieser Gifte tödlich verlaufen. Was passiert, wenn einer Kultur von Aspergillus flavus Streptokokken zugesetzt werden?
a) Sowohl die Schimmelpilze als auch die Streptokokken vermehren sich rasant, dabei wird der Schimmelpilz aggressiver und gibt deutlich mehr Gifte ab.
b) In Gegenwart von Streptokokken gibt Aspergillus flavus keine Gifte mehr ab und verhält sich ruhig, ohne dabei selber abzusterben.
4) Das Brustgewebe von Frauen mit und ohne Brustkrebs wird untersucht, dabei werden Milchsäurebakterien inklusive Streptokokken im Brustgewebe gefunden. Welche Gruppe beheimatet mehr Keime im Brustgewebe?
a) Die Frauen mit Brustkrebs.
b) Die Frauen ohne Brustkrebs.
5) Einer Maus mit Bauchspeicheldrüsenkrebs, einer sehr schwerwiegenden Diagnose für uns Menschen, werden lebende Streptokokken (Streptococcus pyogenes), Bakterien, die Mandelentzündung und Scharlach aus- lösen können, einmalig in den Krebstumor gespritzt. Was passiert?
a) Der Krebs gerät völlig außer Kontrolle. Die bereits geschwächte Maus erleidet zusätzlich eine schwere bakterielle Infektion.
b) Der Tumor löst sich in der Folge komplett auf. Die Maus wird gesund.
Vermutlich passt jeweils Antwort a) in ihr Weltbild von „heimtückischen und gefährlichen“ Keimen, vor denen wir uns schützen müssen. Die Studien, auf die in diesem Buch noch eingegangen werden wird, belegen aber Antwort b) zu jeder Frage. Wenn Sie sich jetzt die Fragen mit den richtigen Antworten b) nochmals durchlesen, was sind Ihre Schlussfolgerungen daraus?
Müssen wir unsere Einstellung zu Keimen überdenken? Stimmt unser Weltbild von Infektionen und krankmachenden Keimen überhaupt?
Ich beobachte in meiner Praxis seit Langem, dass ein Paradigmenwechsel stattfinden muss, wenn wir endlich Lösungen für die chronischen Erkrankungen unserer Zeit finden möchten.